Die Oberstufe 

 

Das Grundmotiv des Oberstufenunterrichts ist es, die Schülerinnen und Schüler urteilsfähig zu machen. 

Genaues Wahrnehmen und Beobachten, logisches Schließen, analytisch abgesichertes aber auch die produktive Einbildungskraft einbeziehendes Verstehen und Erklären, nachvollziehbares Argumentieren: das sind Fähigkeiten, die nun insbesondere gefördert und genutzt werden, um den Jugendlichen zunehmend einen freien aber auch intersubjektiv verbindlichen Gebrauch der eigenen Urteilskraft zu ermöglichen.

Um diese Persönlichkeitsentwicklung zu fördern, werden in den verschiedenen Fächern auch inhaltlich besondere und von den Lehrplänen der staatlichen Schulen teilweise abweichende Akzente gesetzt. Auch bleibt in der Oberstufenzeit ein breites Angebot an handwerklichen und künstlerischen Fächern erhalten und eine Reihe von Praktika (Landwirtschaft, Berufserkundung, Feldmessen, Sozialpraktikum) fördern das ganzheitliche – nicht einseitig cognitive – Lernen. 

In der Klasse 12 wird mit Jahresarbeiten, Eurythmieabschluss und Klassenspiel und – wo möglich – mit Überblicksepochen in den verschiedenen Fächern ein Abschluss der 12-jährigen Waldorfschulzeit gestaltet. 

Zugleich werden in Klasse 12 die Abschlüsse der Mittleren Reife oder der Fachhochschulreife absolviert. 

In einem ergänzenden 13. Schuljahr können Schülerinnen und Schüler, die die Fachhochschulreife erfolgreich absolviert haben, das Abitur anstreben.

Aus langjähriger Erfahrung wissen wir, dass wir die Schülerinnen und Schüler zu guten und oft auch überdurchschnittlichen Ergebnissen in den staatlichen Prüfungen führen können, ohne die Prüfungsvorbereitung ausdrücklich in den Vordergrund der Oberstufenzeit zu rücken.

Der Übergang von der „Klassenlehrerzeit“ (Klasse 1-8) zur Begegnung mit einem Kollegium von Fachlehrer:innen bildet einen wesentlichen Einschnitt in der Waldorfschulzeit, der dem Einschnitt, den die Pubertät in der Entwicklung vom Kind zum Jugendlichen setzt, korrespondiert. Dieser „Neubeginn“ ist aber eingebettet in die Kontinuität der grundlegenden Motive der Waldorfpädagogik, die in einem einheitlichen Bildungsgang die Schülerinnen und Schüler von Klasse 1 bis 12 begleitet.